Dieser Text wurde von unserem FSJ´ler Jacob Schuster geschrieben und gibt seinen individuellen Eindruck von der Lehrer*innenfortbildung „Blickwechsel“ am 7. Dezember 2017 im Maxim Gorki Theater.
„Kurz vor 14 Uhr beginnen sich die Bänke im Foyer des Maxim-Gorki-Theaters zu füllen. Die Lehrer*innen registrieren sich, holen eine Programmmappe, einen Kaffee und nehmen Platz. Es ist eine Fortbildung mit besonderem Thema: Jede Person möchte heute lernen, wie man den Blick Jugendlicher auf die Situation geflüchteter Menschen erweitern kann. Manche Lehrende ahnen jedoch noch nicht, dass auch sie selbst dabei eine andere Perspektive kennenlernen, ihren Standpunkt ändern, ihren Blick wechseln werden.
Das Programm startet mit einem Impuls-Vortrag von Mutlu Ergün-Hamaz. Der Autor, Pädagoge und Soziologe gibt den Lehrer*innen Einblicke in den deutschen Alltagsrassismus und berichtet über seinen Job als White-Awareness-Trainer. Nach diesem Vorgeschmack, sollen sich die Lehrer*innen einem der vier angebotenen Workshops zuteilen. Sie müssen ihre Auswahl zwischen theaterpädagogischen und choreografischen Methoden, zwischen Einblicken in die Dramaturgie oder in die politische Bildungsarbeit treffen. Etwa 20 Teilnehmer*innen entscheiden sich für den Workshop „Fliehen und Ankommen“ bei unserem Bildungsreferenten Mohamed Abdou.
In den zwei folgenden Stunden wird neben einem umfangreichen Einblick in die methodische Arbeit vom Lernort 7xjung, vor allem die Empathie der Lehrer*innen für Geflüchtete auf einer sehr persönlichen Ebene ausgebildet. Bleibe oder fliehe ich, wenn in Deutschland Krieg herrscht? Welche persönlichen Gegenstände sind am wichtigsten, wenn ich auf der Flucht bin? Wo ist meine Familie sicher? Nachdem die Teilnehmer*innen sich während verschiedener pädagogischer Methoden u.a. mit diesen Fragen auseinandergesetzt haben, war sich die Gruppe in zwei Punkten einig: Eine Flucht ist eine unvorstellbar schreckliche Erfahrung. Und jede*r sollte sich einmal in die Lage einer*s Geflüchteten versetzen, bevor er*sie nochmal gegen diese hetzt – ein guter Konsens. Und eine gute Ausgangslage, diese Erkenntnis auch an Schüler*innen weiterzugeben.
Anschließend tauschen sich die Lehrenden über die unterschiedlichen Erfahrungen in den Workshops aus, um danach den Höhepunkt der Fortbildung mitzuerleben: das Theaterstück „Winterreise“, aufgeführt vom Exil Ensemble des Gorki Theaters. Jede*r Zuschauer*in darf im Saal eine Reise quer durch das winterliche Deutschland mit den Augen von jungen geflüchteten Schauspieler*innen erleben und konnte so erahnen, wie es ist in einem fremden Land im Exil zu sein. Als 21 Uhr das Programm endet, ist es für uns immer noch unmöglich die Leiden von Menschen auf der Flucht nachzuerleben; aber ein kurzer Blickwechsel hilft uns zu verstehen, warum wir empathischer und menschlicher mit Geflüchteten umgehen sollten.“
Die Möglichkeit bei dieser Fortbildung mitzuwirken, hatten wir durch die langjährige Kooperation zwischen unserem Lernort 7xjung und dem Gorki-Theater.